Die 6 Schritte der idealen Gennaker-Halse bei 20Kn. Wind
Sicher Gennakersegeln bei Starkwind mit einer Amateur-Crew
Gennakersegeln bei starkem Wind ist eine Herausforderung für viele Segler, insbesondere das Halsemanöver. Ich zeige dir in diesem Blog die Technik des Halsens bei mehr Wind. Es ist keine Frage der Kraft sondern des Timings, den Gennaker auch bei 5 Bf. sauber und sicher zu halsen. Die dominierende Person in dieser Rolle ist der Steuermann bzw. die Steuerfrau, die nicht nur das Manöver kontrollieren sondern klare Anweisungen geben MÜSSEN!
Hier folgt ein Ablauf an Bord mit den entsprechenden Kommandos. Das Ganze ist dokumentiert mit Fotos und vier Videos aus verschiedenen Perspektiven:
1/ Niederholer vom Gross lösen
2/ Ratchet entriegeln und Leeschot von Hand nachfieren
3/ Das Boot langsam vor den Wind drehen
4/ Gennaker vor dem Wind shiften und Stützruder geben
Niederholer vom Gross lösen
Es kann nicht oft genug betont werden: Bei einem Squaretop Grosssegel muss der Niederholer in der Halse bei Starkwind teilweise oder ganz gelöst werden, um einen Sonnenschuss zu vermeiden. Das geschieht jeweils bevor das Manöver startet und wird vom Vorschoter gemacht.
Weitere Vorbereitungen sind das Klarieren der Schoten (Gennaker und Gross) und das verbale Durchgehen des Manövers. Dabei sollen die Schoten nicht nur frei liegen, sondern auch von den Winschen entfernt werden, um möglichst wenig Widerstand zu erzeugen.
2. Ratchet entriegeln und Leeschot nachfieren
Ein ganz wichtiger Punkt ist den Widerstand der Leeschoten auf ein Minimum zu reduzieren. Dazu muss nicht nur der Ratchet entsperrt, d.h. in den Leerlauf gesetzt werden, sondern der Vorschoter zieht die Lee-Schot auf Kommando nach vorne und reduziert so aktiv jeglichen Widerstand, der durch die Friktion bremsen könnte.
Es ist ganz wichtig, dass der Gennaker vom Boot weit nach vorne fliegt. Zum Lösen des Ratchets zieht man kurz an der Leeschot und hält diese anschliessend in der Hand. Klar, dass man dazu Segelhandschuhe trägt.
Gleichzeitig kann der Steuermann bei Bedarf den Grossbaum etwas dichtholen. Ob das notwendig ist oder nicht, hängt von den Steuerfähigkeiten sowie von der Windstärke ab. Je mehr der Niederholer gelöst wird, desto mehr soll der Grossbaum dichtgeholt werden, damit das Segel oben nicht zu stark ins Lee weg-twistet vor dem Manöver.
Der Vorschoter, welcher den Gennaker auf die neue Seite zieht, wechselt nach Lee bzw. ins neue Luv, sobald das Boot vor dem Wind segelt. So hat er den besten Winkel zum Schotzug und kann schnell und kraftvoll ziehen, ohne nach dem Manöver im Lee zu sitzen.
Die Segelschule Saphire bietet im August und September Nachmittagscoachings in Sisikon am Urnersee mit Gennaker an.
3. Das Boot langsam vor dem Wind drehen
Der hauptsächliche Steuerfehler liegt darin, das Boot zu schnell zu drehen. Es ist ganz wichtig, die Halse langsam zu fahren. Eine Wende geht schnell und eine Halse langsam.
Der Steuermann fällt so weit ab, dass das Boot mindestens vor dem Wind liegt oder sogar ganz leicht überplatt fährt, damit sich der Gennaker schneller wieder füllen kann. Natürlich birgt dies das Risiko einer Patenthalse, was tunlichst zu vermeiden ist. Höchste Konzentration vom Steuermann bzw. der Steuerfrau ist gefragt, damit der Grossbaum auf der “alten” Seite bleibt.
4. Gennaker vor dem Wind shiften und Stützruder geben
Nachdem der Gennaker auf der neuen Seite schnell und vollständig nach hinten gezogen wurde, damit es keine Sanduhr gibt und er nicht verdreht, lässt der Vorschoter die Schot quasi unkontrolliert ein paar Meter nach vorne schiessen. Es ist entscheidend, dass der Gennaker ganz nach hinten gezogen wird, ansonsten riskiert das Manöver zu scheitern.
Jetzt ist Geduld gefragt, denn das Boot wird sich nach Luv neigen. Das ist völlig normal bei Starkwind und hier ist es wichtig, dass der Steuermann bzw. die Steuerfrau nicht anfängt zu “rudern” sondern das Schiff stabilisiert, indem er/sie Stützruder gibt genau in dem Moment, in welchem der Gennaker Wind fängt. Den Druck spürt man gut und das Stützruder folgt wie ein automatischer Reflex.
Einen Moment später rollt das Boot zurück nach Lee, fährt aber noch immer platt vor dem Wind im Schmetterlingskurs
5. Gross shiften nachdem das Boot zurückrollt
Erst wenn das Boot sich zum ersten oder zweiten Mal vom Luv in die Mitte aufrichtet, wird der Grossbaum geshiftet. Damit fängt man die Rollbewegung auf.
Durch die Rollbewegungen des Bootes entlastet sich das Grosssegel und kann einfach auf die andere Seite geführt werden. Ich persönlich hole den Grossbaum mit der Hand an der Schot (Bild unten) und bremse ihn vor dem Aufschlag im Lee.
Wenn in diesem Moment aber der Niederholer zu dicht ist, riskiert man mit einem ausgestellten Grosssegel zugleich einen Sonnenschuss.
6. Stützruder
Und natürlich geht es auch hier nicht ohne Stützruder - genau in dem Moment, wo der Grossbaum auf der neuen Leeseite aufschlägt. Insgesamt benötigen wir also zweimal Stützruder: einmal sobald der Gennaker Wind fängt und das zweite Mal, wenn der Grossbaum auf der neuen Seite aufschlägt. Der Vorteil liegt darin, dass die Kräfte aufgeteilt werden auf Grosssegel und Gennaker. Ich denke 90% der Sonnenschüsse werden produziert, weil Gross- und Gennaker gleichzeitig gehalst werden und weil das Manöver zu schnell gemacht wird. Diejenigen, die viel einhand segeln, mussten das hart erlernen…;-)
Bonus: Videos aus verschiedenen Perspektiven
Nachfolgend findest du vier weitere Videos, welche alle zeitgleich aufgenommen wurden aus verschiedenen Perspektiven:
Reframed 360 Grad Video mit Blick nach vorne und nach hinten
360 Grad Video zum Drehen mit der Maus oder den Fingern
Video aus Sicht des Steuermanns mit Tonaufnahme
Video vom Heck des Bootes gefilmt
Die Saphire-Segelschule bietet im August und September Starkwindkurse in Sisikon am windsicheren Urnersee. Gerne machen wir diesen Kurs auf deinem eigenen Boot oder auf der Saphire 27 Viento.
Weitere Blogs zum Thema Gennaker setzen und bergen folgen demnächst. Bleib dran und schreibe dich für die Insider-News ein.